Jürg Morgenegg
der Geschäftsführer von Kanal K über das bevorstehende Podcast Festival in Aarau
Schockanrufe, Romance Scam, Anlagebetrug – die Betrüger am anderen Ende der Leitung sind gewieft. Es gilt, wachsam und misstrauisch zu sein, sobald es um Geld geht. Denn dieses ist danach praktisch immer verloren. Eine Präsentation der Kapo Aargau klärte mit realen Fällen auf.
Aarau Das SRK Kanton Aargau lud am frühen Mittwochabend der Vorwoche im Gasthof zum Schützen in Aarau zu einem spannenden Vortrag rund um die aktuellen Betrugsmaschen am Telefon und im Internet ein. Zu Beginn des Anlasses stellte Beat Gruber, Leiter Rotkreuz-Notruf beim SRK Kanton Aargau, den Rotkreuz-Notruf vor, welcher zuhause wie auch unterwegs Sicherheit bei Notfällen wie etwa Stürzen bietet. So wird das Sicherheitsgefühl gestärkt und die Lebensqualität erhöht.
Für seine Präsentation habe er nur Originalfälle mitgebracht, erklärte Marco Dössegger, Wm mit besonderer Verantwortung von der Kriminalprävention der Kantonspolizei Aargau, und startete mit einem topaktuellen Fall. Ein Ehepaar um die 50, wohnhaft im Bezirk Rheinfelden, habe sich durch einen Anruf von einem vermeintlichen Sicherheitstechniker ihrer Bank dazu verleiten lassen, sich über einen erhaltenen QR-Code auf ihr Konto einzuloggen.
Das Ergebnis: Mit diesem QR-Code wurde das Ehepaar auf eine gefälschte Login-Seite geleitet, wo der Täter schlussendlich über 100'000 Franken von ihrem Konto stehlen konnte. Deshalb höchste Vorsicht bei Anrufen etwa von Banken oder von Microsoft, die einem vermeintliche Zugangsdaten senden oder irgendwie Zugang zum Rechner mittels Remote-Software erhalten wollen. Das ist immer ein Betrugsversuch.
Lange Zeit war der sogenannte Enkeltrick in Mode. Dieser wurde prominent ersetzt durch den «falschen Polizisten». «Die Masche ist zurzeit sehr stark vertreten und ärgert uns echte Polizisten am meisten, kann doch damit ein gewisser Reputationsverlust für uns einhergehen», betont Dössegger und erzählt ein typisches Beispiel.
Da klingelt also das Telefon und ein «Polizist» teilt dem Angerufenen mit, die Tochter habe einen schweren Verkehrsunfall verursacht und sitze momentan in Haft. Im Hintergrund hört man eine Frau schluchzen. Es braucht eine Kaution von 100'000 Franken, um sie freizulassen. Der Betrag ist sofort aufzutreiben und zu übergeben.
Hier gäbe es mehrere Dinge zu beachten, so Dössegger. Die echte Polizei würde in einem solchen Fall niemals anrufen. Es käme wenn schon eine Patrouille in Uniform und Polizeiauto vorbei, um eine solche Nachricht persönlich zu überbringen und notfalls auch Beistand zu leisten.
Eine Kaution zu stellen wie etwa in den USA ist unüblich. Und hellhörig sollte man auch werden, wenn der «Polizist» Deutsch spricht oder sich von einer Dienststelle ausserhalb des Wohnkantons des Angerufenen meldet. So werde sich zum Beispiel die Kapo Baselland nie direkt bei Aargauer Bürger/innen melden, das lasse der Föderalismus in der Schweiz gar nicht zu.
Sobald man ein ungutes Gefühl bekäme, sollte man einfach auflegen und sich gar nicht erst in ein Gespräch verwickeln lassen, rät Dössegger. Denn die Täter seien psychologisch sehr gewieft und könnten einen in eine Spirale ziehen, wo man zunehmend unsicher und unter Druck gesetzt werde wie auch Informationen preisgäbe, ohne dass man das wolle.
Dazu kommt, dass eventuell die Stimme aufgezeichnet werde und mittels künstlicher Intelligenz weiter missbraucht werden könnte. Neuerdings arbeiteten die Betrüger mit Sprachnachrichten, wo sich die «Swiss Police» auf Englisch mit der Aufforderung meldet, die Taste 1 zum Verbinden zu drücken, worauf sich ein «Officer David» oder so ähnlich meldet. Alles fake, einfach auflegen!
Höchste Vorsicht ist geboten bei den Online-Angeboten, wo man angeblich mit nur 250 Franken ein Vermögen machen kann oder bei utopischen Renditeversprechen von 20 Prozent und mehr. Die Rede ist vom Anlagebetrug, der 2023 im Kanton Aargau in 216 gemeldeten Fällen zu einem Gesamtschaden von über 17 Millionen Franken geführt hat. Blauäugig und ohne einfache Google-Recherche tappen nicht nur ältere, nein auch jüngere Frauen und Männer in die Investitionsfalle und verlieren auf Nimmerwiedersehen ins Ausland teils Hunderttausende Franken.
Der Liebesbetrug via Internet sei besonders perfide, da mit den Gefühlen der Betroffenen gespielt und rationales Denken komplett ausgeschaltet werde, hält Dössegger fest. Mit gestohlenen Fotos aus dem Internet bauen die meist aus Ghana oder Nigeria stammenden Täter mit den Betroffenen während rund zwei Monaten eine Beziehung auf, bevor dann die ersten Geldforderungen wegen vermeintlicher Notlagen kommen. So käme es, dass gestandene Männer und Frauen über Jahre hinweg bis zu sechsstellige Summen überweisen würden, ohne die Person jemals gesehen zu haben.
Während Frauen vor allem Wert auf den beruflichen Status ihrer Internetbekanntschaft legten, käme es den Männern vor allem auf «jung und hübsch» an. 52 Fälle mit einem Betrag von über 2,7 Millionen Franken seien der Kapo Aargau 2023 gemeldet worden, so Dössegger. Doch die Dunkelziffer werde – gestützt auf die Fachgruppe der Polizei – vermutlich auf das 20-fache geschätzt, da der «Scham-Faktor» der Betroffenen sehr hoch sei.
Sobald es am Telefon, im Internet, in der E-Mail oder auch bei Begegnungen mit Fremden um Geld geht, muss man unbedingt wachsam und misstrauisch bleiben. Die Gefahr eines Betrugsversuches ist immens hoch. Bei Schockanrufen möglichst kühlen Kopf bewahren und ggf. eine vertraute Person zu Hilfe holen. Die echte Polizei ruft in solchen Fällen niemals an, genauso wenig wie Microsoft. Und wenn das Geld weg ist, ist es weg, denn im Ausland, wo die meisten Täter sitzen, gelten andere Rechtssysteme.
Von Olivier Diethelm
Website der Schweizerischen Kriminalprävention: www.skppsc.ch
Viele Beispiele von Betrugsfällen: www.cybercrimepolice.ch
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