Nik Hartmann
führt als Erzähler durch die Rocky Horror Show im Theater 11 Zürich
Als Mitglied des Alpha Centauri Solar Racing Teams der ETH Zürich ist Andrin Fluri aus Vordemwald über 3000 Kilometer im Rahmen der «World Solar Challenge» durch das australische Outback gefahren. Diese Woche berichtete er im Reformierten Kirchgemeindehaus Brittnau von den monatelangen Vorbereitungen sowie der 6-tägigen Challenge.
Brittnau Fluri begann den Vortrag mit der bisherigen Geschichte der «World Solar Challenge». Seit 1987 wird das Rennen von Darwin im Norden Australiens gestartet und nach 3022 Kilometer auf dem Stewart Highway im Süden in Adelaide beendet. Die Schweiz hat dabei eine reiche Historie vorzuweisen. Mit der «Tour de Sol» organisierte man in der Schweiz das erste Rennen von Solarfahrzeugen. Auch an der «World Solar Challenge» war die Schweiz oft vertreten, 1990 gewann die «Spirit of Biel» von der Fachhochschule desselben Orts das Rennen sogar. «Australien ist ein riesiges Land, man kann sich das kaum vorstellen», so Fluri. Auf der Powerpoint blendete er die Schweiz im Massstab ein. «Wir denken, dass wir viel Strecke gemacht haben, wenn wir ins Tessin gefahren sind; in Australien ist man vielleicht bei der nächsten Tankstelle», witzelte er.
«Das Alpha Centauri Solar Racing Team besteht aus rund 50 Studenten, welche das Ganze neben dem eigentlichen Studium oder Vollzeit auf die Beine gestellt haben, unterstützt wurden wir von vielen Sponsoren», erklärt Fluri. Das Auto, «Aletsch» getauft, wurde fast komplett in Eigenregie entwickelt. Einzelne Teile hätten angeliefert werden müssen, aber beispielsweise die Carbonstruktur, also der «Körper» des Autos, und die Elektrik seien komplett durch die Studenten entwickelt und mit den Werkzeugen der ETH getestet worden. «Wir waren fast pausenlos in Dübendorf in der Werkstatt, ein Teil hat auch dort geschlafen. Gesund war das nicht immer», meinte Fluri. Nach Fertigstellung der einjährigen Arbeit und kurzer Testphase war es auch schon soweit: Australien rief.
Das Team reiste dabei nach Adelaide, also dem eigentlichen Ziel. «Wirklich anders als in Dübendorf war es in Australien zuerst nicht», lachte er. Auch in Australien wurde zuerst Tag und Nacht gearbeitet. Adelaide wurde ausgewählt, so dass man die Mietautos für den Konvoi fassen und gleichzeitig die Strecke ein erstes Mal abfahren und grob planen konnte, wo man das Nachtlager aufschlägt. Eine Woche Arbeit später gab es in Darwin den Startschuss.
«Der Start war gut, wir konnten dabei sogar einige Leute überholen und mit durchschnittlich 66 km/h fahren», erinnerte sich Fluri. Dass das Auto auf der Strasse bleibt und fährt, ist dabei nur die halbe Miete: Man fahre in einem grossen Konvoi bestehend aus einem «Scout Car», welches vorausfährt und beobachtet, dem «Lead Car», an welchem sich der Fahrer der «Aletsch» orientiert und eine ganze Menge Fahrzeugen hinten, welche die Mechaniker und das «ganze Zeug» mitschleppen. Es darf jeweils von 8 bis 17 Uhr gefahren werden, danach muss man sein Nachtlager beziehen – eine logistische Herausforderung mit seinen ganz eigenen Tücken. «Jeder denkt bei Australien gleich an giftige Spinnen und Schlangen, wir genauso; das hat uns schon ein paar Stunden Schlaf im Zelt geraubt», fügte er hinzu. «Auch eine Dusche war Fehlanzeige, aber wenn alle stinken, stinkt ja bekanntlich niemand», lachte der Vordemwalder.
Technische Probleme verschonten das Schweizer Team nicht: Nach den ersten 50 Kilometern platzte beim «Lead Car», also dem Auto, an dem sich die Aletsch orientiert, der Reifen. «Das war ein herber Dämpfer gleich zu Beginn, aber wir haben das gut bewältigen können.» Beim Solarauto wurde es schon prekärer. «Das erste Problem war die Batterie, welche eigentlich nie über 50 Grad Celsius heiss werden dürfte. Bei einer Messung, bei welcher die Batterie schon etwas abgekühlt gewesen sein dürfte, waren wir schon bei 49,6 Grad – wahrscheinlich waren wir mehrere Male deutlich drüber», gab er zu bedenken. Die kritischste Situation war jedoch, als die Lenkung der Aletsch versagte. Das Fahrzeug zog auf die Gegenfahrbahn und kam im Schotter neben der Strasse zum Stehen. «Nichts auszudenken, was hätte passieren können; die Autos fahren auf dieser Strasse 130 km/h», fügte er hinzu. Sonst hatte das Team zum Glück keine grösseren Pannen.
Je näher das Ziel kam, desto mehr hob sich die Stimmung. Als das Team in Adelaide ankam, brachen alle Dämme. «Das realisierst du zuerst gar nicht, du bist mehr als ein Jahr pausenlos am Arbeiten und dann entlädt sich das alles in so kurzer Zeit», hielt Andrin Fluri den Moment fest. «Wo wir dann noch mehr Vollgas gegeben haben, waren die zwei folgenden Tage. Da haben wir mit all den anderen Teams die Pubs und Clubs unsicher gemacht», schmunzelte er. Nebenbei gewann das Team die Auszeichnung «Best Newcomer».
Dass man beim ersten Versuch auch das Ziel erreicht ist unüblich – und zeugt von der Leistung, welche das Team erbracht hat. Auch nächstes Jahr geht das Team wieder an den Start. Diesmal vielleicht sogar im Rennen um die Krone?
jdr
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